Zensurneid und Nutzungserlaubnis
by David "Novalis" Turner
Ein Atomkrieg ist in der Tat eine üble Sache. Ein Atomkrieg ist so fürchterlich, daß wir alles dafür tun sollten, ihn zu verhindern. Die FSF - Free Software Foundation - hat als Inhaberin der Urheberrechte von nicht wenigen Programmpaketen eine Menge Macht. Warum also erlauben wir es, die freien Programme für Atomwaffen zu benutzen?
Die Lizenzvereinbarung GPL stellt so etwas wie einen Waffenstillstand zwischen verschiedenen einander feindlich gesinnten Mächten dar. Hier arbeiten riesige Gesellschaften, die sich ansonsten erbittert bekämpfen, zusammen, um etwa den GNU C Compiler und andere freie Programme zu entwickeln. Die unterschiedlichsten Leute von verschiedenen politischen Richtungen, von Kommunisten über Libertäre bis zu radikalen Anarchisten sind an den Projekten beteiligt. Ich habe Hacker getroffen, die evangelische Veganer waren, andere fuhren Sportwagen.
Was würde passieren, wenn wir etwa in die Version 3 der GPL einen Passus aufnähmen, der es untersagte, Programme unter GPL-Lizenz in Atomwaffen einzusetzen? Die Aktivisten gegen Massenvernichtungswaffen wären überglücklich. Was aber ist mit den Foltergegnern? Was sollen die Gegner genmanipulierter Nahrugsmittel sagen oder aber die Befürworter der Gentechnologie? All diesen Gruppen stünde eine berechtigte Empörung zu, da ihre Anliegen nicht berücksichtigt wurden. Und mit den Atomwissenschaftlern hätten wir es uns dann ohnehin verdorben. Eugene Volokh hat zu dem Thema angemerkt:
Wir lehnen also eine Beschränkung des Personenkreises, der freie Programme benutzten darf, bzw. eine Beschränkung des Einsatzzweckes ab. Indem ein jeder Zugang hat, erzielen wir die denkbar größte Teilnehmerzahl der Bewegung freier Programmierung. So ist auch der Gegner von Atomwaffen nicht gehindert, die Programme zur Verbreitung seiner Ideen einzusetzen.
(a translation of Censorship Envy and Licensing)